Solidarische Landwirtschaft: Einer für alle, alle für einen
In Japan heißt das Konzept „Teikei“ also „Partnerschaft“, die sonst so genussfreudigen Franzosen bezeichnen die Initiative fantasielos als „Verbrauchervereinigung für die Beibehaltung der bäuerlichen Landwirtschaft“. Den schönsten Namen haben ohne Zweifel die Schweizer gefunden: Ihre Kooperative für die Vertragslandwirtschaft nennt sich „Les Jardins de Cocagne“ – oder zu deutsch: „Schlaraffengarten“.
Egal, wie es sich nennt: Dahinter steckt eine enge Verbindung von Verbraucher und Landwirt. Denn bei der solidarischen Landwirtschaft übernimmt eine Gruppe von Privat-Haushalten die Kosten eines Bauernhofes und bekommt dafür seine Ernte.
Was ist solidarische Landwirtschaft?
Im Durchschnitt ernährt ein deutscher Landwirt rund 140 Verbraucher. Im Normalfall anonym – denn die moderne Marktwirtschaft fußt auf Angebot und Nachfrage, aus Subventionen und Supermarkt, aber nicht auf persönlichem Kontakt. Die sogenannte solidarische Landwirtschaft – kurz „Solawi“ – dreht dieses Prinzip um: Hier schließt sich eine Genossenschaft von Verbrauchern zusammen, um die gesamten Kosten eines Bauernhofs zu tragen und dem Hof eine gesunde Bewirtschaftung seiner Anbauflächen zu ermöglichen. Dafür erhalten die Verbraucher die Ernte, teilen diese Erträge unter sich auf und unterstützen den Betrieb oft sogar durch Arbeitseinsätze.
Solawi-Beispiel am Gärtnerhof Staudemüller
Gerechte Aufteilung von Kosten, Risiko und Ertrag
Was nach moderner Green-Life-Theorie klingt, ist eigentlich die Wiederaufnahme des ursprünglichen Modells. Denn bis ins 19. Jahrhundert war der Bauernhof die gängige Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Erst mit der Industrialisierung änderte sich dies: Die Menschen wanderten in die Städte ab, um dort in Fabriken zu arbeiten. Damit begann der Niedergang der bäuerlichen Lebensgrundlage: Während im 19. Jahrhundert viele Bauern wegen mangelnder Abnehmer in ihrer Region ihre Höfe aufgeben mussten, sind die Landwirte heute abhängig von staatlichen Subventionen und dem Preisdiktat der Marktwirtschaft. Beides sorgt dafür, dass immer mehr immer billiger produziert werden muss. Viele Bauern müssen sich und ihre Höfe ausbeuten und geraten trotzdem in finanzielle Krisen.
Doch gleichzeitig wächst bei immer mehr Verbrauchern das ökologische Bewusstsein. Sie möchten nicht nur Bioprodukte essen, sondern auch wissen, wie sie erzeugt wurden – und von wem. Die solidarische Verbindung mit einem Landwirt stellt genau das sicher. Und gleichzeitig ermöglicht sie dem Bauern selbst dank einer wirtschaftlich gesicherten Lebensgrundlage mehr Freiheit.
Die Geschichte der Solawi
In Japan entstanden seit Mitte der 1960er Jahre die ersten „Teikei“. In Deutschland entwickelten sich vor einem guten halben Jahrhundert ebenfalls die ersten solidarischen Initiativen, bei denen es jedoch vor allem um den kollektiven Besitz des Bodens ging. Bis ins Jahr 2005 existierten auf diese Weise weltweit vereinzelte Projekte. Der Durchbruch kam schließlich mit dem US-amerikanischen Film „Farmer John“, der eine gelebte „Community Supported Agriculture“ (CSA) porträtierte.
In Japan tragen die „Teikei“ heute bis zu 25% der Gesamtversorgung bei, in den USA ist das Konzept ebenfalls sehr beliebt und in Frankreich sind die Solawis sogar die einzige Möglichkeit, an Bio-Erzeugnisse zu kommen. Seitdem im Jahr 2010 in Deutschland das Netzwerk „Solidarische Landwirtschaft“ und der Trägerverein „Solidarische Landwirtschaft e.V.“ gegründet wurde, vervielfacht sich die Anzahl der Projekte auch hierzulande. Ausgehend vom Buschberghof als dem ersten Gemeinschaftshof Deutschlands gibt es heute mindestens 106 deutsche Solawi-Höfe.
Kein Vergleich: Ökologischer und konventioneller Landbau
Solidarischer und ökologischer Landbau gehen Hand in Hand. Die beteiligten Verbraucher sind zwar ganz unterschiedlich – vom Rentner bis zur Familie mit Kleinkind – doch was sie vereint, ist das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung und Bioprodukte. Dementsprechend profitieren viele bereits mit dem Demeter-Siegel ausgezeichnete Höfe von dem Solawi-Konzept. Es geht aber auch umgekehrt: Durch Solawi bekommt der Landwirt nämlich die Zeit und die Möglichkeit, seinen Hof auf ökologische Prinzipien umzustellen.
Im Vergleich von ökologischem bzw. biologischem Landbau mit der konventionellen Landwirtschaft gibt es also zwei wichtige Unterschiede:
- die nachhaltigen Grundsätze beim Landbau
- der selbst organisierte und vom freien Markt unabhängige Wirtschaftskreislauf
Wie geht solidarische Landwirtschaft?
Die Herbstversammlung ist das wichtigste Ereignis im Solawi-Kalender: Hier setzen sich alle Mitglieder zusammen und legen den gemeinsamen Grundstein für das nächste Jahr. Zum einen sammeln die Verbraucher ihre Vorschläge und Wünsche für das Angebot im nächsten Jahr. Doch vor allem legt der Anbieter, also der Landwirt, seine Kosten offen: Dazu gehören neben Pacht, Saatgut, Treibstoff, Neuanschaffungen und Instandhaltung auch Beiträge zur Altersvorsorge und andere Aufwendungen. Der Endbetrag wird durch die Anzahl der Verbraucher geteilt. Doch das Ergebnis dieser Rechnung ist nicht der Pflichtbeitrag, sondern nur ein Richtwert, über den im nächsten Schritt verhandelt wird.
Wertschöpfung, Nachfrage & Co.: Die finanzielle Seite
Nicht alle Mitglieder zahlen immer dasselbe: Bei der solidarischen Landwirtschaft geht es nämlich darum, neben dem Landwirt auch die „Genossen“ zu unterstützen, die sich ökologische Lebensmittel sonst nicht leisten können. Jedes Mitglied gibt daher an, wie viel es ausgehend von seiner Lebenssituation zahlen will und kann.
Oft liegt ein Drittel der Beteiligten bei dieser Selbsteinschätzung unter dem errechneten Richtwert. Dafür liegt in der Regel aber auch ein Drittel weit darüber und ermöglicht so den sozialen Ausgleich für alle. Je nach Größe der Gemeinschaft und abhängig von der Produktpalette bewegen sich die zu zahlenden Beträge so meist zwischen 50 und 150 Euro pro Monat und Person.
Jedes Mitglied verpflichtet sich bei der Zahlung auf ein volles Jahr. Eine kurzfristige Kündigung wie bei den weithin bekannten „Abo-Kisten“ ist nicht möglich, weil der Landwirt sonst nicht sicher planen könnte. Doch dafür gibt es viele Zahlungsmodelle, die von halbjährlich, quartalsweise oder monatlich bis zur aktiven Mitarbeit auf dem Feld reichen. So kommt niemand zu kurz, auch wenn mal nicht so viele finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
Vom Acker auf den Tisch
Wo der Weg sonst geradeaus zum Supermarkt führt, findet die Ernte-Übergabe bei den Solawis auf vielen unterschiedlichen Wegen statt:
- Verteilung über einen Marktstand
- Lieferung an Depots mit festen oder freien Zugangszeiten
- Freie oder terminierte Abholung auf dem Hof
Auch die Aufteilung der Erzeugnisse kann variieren:
- Feste Bestellungen der Verbraucher
- Aufteilung nach Angebot oder Bedarf
Oft schließen sich auch Mitglieder je nach Wohngebiet zu Abholgemeinschaften zusammen und organisieren die Verteilung selbst. Wie bei der Zahlart gibt es auch hier so viele Möglichkeiten wie Solawis.
Anteile und Verbraucherpräferenzen: Die praktische Zusammenarbeit
Die Geschmäcker sind ebenfalls unterschiedlich: Familie A mag keinen Rosenkohl, Frau B ist allergisch auf Äpfel und Herr C möchte statt Kuh- lieber Ziegenmilch. Doch in einer Solawi findet sich für (fast) jeden Wunsch auch eine Lösung.
Manche Höfe bieten eine Probekiste oder eine Probezeit an, damit man sich mit dem Angebot vertraut machen kann. Andere Solawis organisieren Tauschringe, damit der Rosenkohl im Austausch gegen die Äpfel aus Korb A in Topf B wandert. Und wenn Herr C auch noch Familie D für Ziegenmilch begeistert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass „sein“ Landwirt bald auch Ziegenmilchprodukte anbieten kann.
Pro & Contra: Vorteile und Nachteile für den Verbraucher
Für Couchpotatoes, die sich ihre Chips am liebsten zum Discountpreis an die Haustür liefern lassen, eignet sich die solidarische Landwirtschaft nicht – so viel ist sicher. Denn zu den Nachteilen gehört ein größerer Aufwand: Die ökologischen Lebensmittel lassen sich nicht einfach aus dem Supermarktregal holen. Außerdem ist die Auswahl saisonabhängig. Dazu kommen die Abholung im Depot, die mögliche Mitarbeit auf dem Feld und der im jährlichen Rhythmus verpflichtend festgelegte finanzielle Aufwand. Und es gibt viele Fragen zu klären, die ein Supermarktprodukt nicht aufwirft – wie etwa:
- Legt sich der Bauer von meinem Geld auf die faule Haut?
- Bekomme ich von den wenigen Erdbeeren in dieser Saison überhaupt etwas ab?
- Muss ich trotz Laktoseintoleranz dasselbe zahlen wie alle Kuhmilchfans?
Solawi ist nicht immer der einfachste Weg: Man muss etwas tun für seine Ernährung, einander vertrauen und sich einig werden. Doch genau das ist der Reiz der solidarischen Landwirtschaft für die, die sich ökologisch und bewusst ernähren wollen.
Denn zu den Vorteilen gehören:
- Gesündere Ernährung und eine weniger belastete Umwelt durch entfallende Transporte dank regionaler Lebensmittel
- Hohe Qualität durch transparente Herkunft
- Verbesserung des eigenen ökologischen Fußabdrucks
- Zuwachs an Know-how und Ernährung als Ereignis
- Solidarisches Miteinander
Warum ökologischer Landbau? Warum Solawi?
Viele Solawi-Verbraucher interessieren sich auch für alte Gemüse- und Obstsorten sowie für seltene Haustierrassen. Diese können auf konventionell betriebenen Höfen meist gar nicht angeboten bzw. gehalten werden: Denn hier geht es aufgrund von Subventionsvorgaben oder sinkenden Marktpreisen fast ausschließlich um Höchsterträge. Die unabhängigen Grundlagen der Solawi-Wirtschaftsgemeinschaft machen dagegen möglich, die Grenzen von Boden und Belastung, von Mensch und von Tier, nicht überschreiten zu müssen.
- Pflanzenschutz
- Klimaschutz
- Naturschutz
- Artgerechte Tierhaltung
- Nachhaltigkeit
Diese Merkmale des ökologischen Landbaus lassen sich so hervorragend mit der regionalen und saisonalen Lebensmittelversorgung der Verbraucher vereinbaren.
Verbesserung des ökologischen Fußabdrucks
Der ökologische Landbau und die kontrolliert regionale Herkunft garantieren hochwertige Produkte, wie sie im regulären Lebensmittelhandel meist nur deutlich teurer zu haben sind. Denn durch die besondere Wirtschaftsweise der Solawi entfallen die Kosten für Vermarktung, mögliche Zwischenhändler, Verpackung und oft auch für den Transport. Das macht die Ware nicht nur erschwinglich, sondern verbessert durch gesenkten CO2-Ausstoß und weniger Abfall auch den sogenannten „ökologischen Fußabdruck“ der Verbraucher.
Ausgewählte Solawi Bio-Bauernhöfe
Angebot | URL | Beschreibung |
---|---|---|
Rhein AHR Akademie | www.rhein-ahr-akademie.org | Die solidarische Landwirtschaft "Solawi Rhein Ahr" ist eine naturbewusste Gemeinschaft, die sich für eine gesunde Ernährung engagiert. Der Erhalt und die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit sowie der Artenvielfalt und ein Leben im Einklang mit der Natur sind Ziele der solidarischen und kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Dabei gibt es wöchentlich feldfrisches, saisonales Gemüse (und Obst), aus regionaler und möglichst ökologischer Herkunft, frei von Chemie und GMO. |
Hof Hollergraben | www.hof-hollergraben.de | Der Hof Hollergraben ist ein vielseitiger Demeter Betrieb in der Ostholsteinischen Schweiz. Über die Solidarische Landwirtschaft können Kartoffeln, Gemüse, Obst und Kräuter sowie Backwaren und Eier bezogen werden. |
Kartoffelkombinat | www.kartoffelkombinat.de | Das Kartoffelkombinat ist eine genossenschaftlich organisierte Gemeinschaft von derzeit 800 Münchner Haushalten, die ihr Gemüse, zusammen mit ausgewählten Partnern, selbst anbaut. Dadurch macht sie sich unabhängig von den gängigen Industriestrukturen und unterstützt gleichzeitig kleine Familienbetriebe in der Region. Dieser eigene Versorgungsweg führt zu einer Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, zu einem Wirtschaften ohne Vermarktungsdruck und zu einem gemeinwohlorientierten Handeln. |
Auenhof Havelland | www.auenhof-havelland.de | Der Auenhof liegt in Parey/Havelaue rund 120 km von Berlin entfernt und hat Gruppen in Berlin und in der Region. Auf einem Hektar Land baut das Team des Auenhofs, das aus vier Gärtnern und Lehrlingen besteht, über 60 Gemüse- und Kräuterkulturen an. Der Auenhof wirtschaftet bio-dynamisch, ist aber nicht staatlich zertifiziert oder subventioniert - die Mitglieder übernehmen die Kontrolle durch ihre aktive Teilnahme. |
Ernährung als Ereignis
Nicht nur Konsum, sondern Mitbestimmung und sogar Mitarbeit: In vielen Solawis kommen die Mitglieder freiwillig, sporadisch oder sogar regelmäßig zu festgelegten Arbeitseinsätzen mit auf den Acker. So lernen sie den Landwirt und seinen Betrieb kennen, erfahren alles über Chancen und Risiken während des Ackerbaujahrs und helfen bei der Produktion ihrer Lebensmittel. So gewinnt jedes Produkt zusätzlich an Wert: Schließlich hat der Verbraucher die Kartoffel selbst geerntet, bei den Rüben Unkraut gezupft oder bei der Ziegenkäseproduktion selbst angepackt.
Das Ergebnis: Jeder weiß, wo sein Produkt wächst – und auch wie und warum. Die Frage, wie man regionale Lebensmittel als Verbraucher erkennt, stellt sich also nicht mehr.
Noch dazu entstehen neue Erfahrungs- und Bildungsräume, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistern können. Auch Rentner finden bei Organisation und Mitarbeit neue Wirkungsräume. So kann die Solawi als gelebte Alternative zum generationenübergreifenden Ort für Lernen und Begegnung werden.
Solidarisches Miteinander
Persönliche Bekanntschaft, eine gute Kommunikation und gemeinschaftliche Zusammenarbeit sind generell die Kernpunkte der solidarischen Landwirtschaft. Die Solidarität gilt bei den Solawis nämlich nicht nur dem Landwirt, sondern dient auch als Grundsatz der Mitglieder untereinander. Konflikte bei der Lebensmittelverteilung oder der Beitragsbestimmung gibt es daher kaum. Zusätzlich sorgen die regelmäßigen, gemeinsamen Feste für ein fröhliches Klima.
Vorteile für die Landwirte
Von Seiten der Höfe bietet die solidarische Landwirtschaft nahezu ausschließlich Vorteile:
- Planungssicherheit bei Produktion und Abnahme
- Sicherung der finanziellen Lebensgrundlage
- Geteiltes Risiko bei schlechter Ernte
- Unabhängigkeit von Subventionen, Marktpreisen etc.
- Größerer Gestaltungsspielraum und Möglichkeit zur Diversifikation
- Weniger Abfallproduktion
Kurz zusammengefasst sorgt solidarische Landwirtschaft dafür, dass Landwirte wieder Freude an ihrer Arbeit haben können. Sie kennen ihre Verbraucher, ihre Produkte werden hoch geschätzt – und sie können sorgenfrei von ihrer Arbeit leben.
Oder anders gesagt: In einer Solawi ist Landwirtschaft mit ökologischen Grundsätzen möglich – so, wie sie Bauer, Betrieb und Boden gut tut. Statt mit immer größeren Anbaumengen ums Überleben kämpfen zu müssen, kann der Landwirt experimentieren: Dazu gehören etwa biologische Anbauformen, die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, der Anbau samenfester Pflanzen und eine artgerechte Tierhaltung. Die Landwirte können ihr Angebot also wieder vielfältig gestalten und müssen nicht auf Pflanzen oder Tiere verzichten, deren Anbau bzw. Haltung sonst im kleinen Rahmen unrentabel wäre. Dazu gehört auch, dass weniger Erzeugnisse auf dem Müll landen müssen: Die krumme Gurke und die doppelte Kartoffelknolle werden vom Solawi-Verbraucher nämlich genauso gern verzehrt wie das Gemüse nach EU-Norm.
Nachhaltige Regionalentwicklung durch die Wirtschaftsgemeinschaft
Solidarische Landwirtschaft erzeugt Bewegung zwischen der Erzeuger- und Abnehmerkultur.
Eine gesicherte Abnahme der Produkte sichert somit auch den Bestand und die Entwicklung einer lebendigen Herkunftsregion:
- Wertschöpfung durch den Aufbau neuer ökonomischer Strukturen
- Lebendige lokale Bezüge
Die Gemeinschaft von Bauer und Verbraucher wird durch Arbeitseinsätze auf dem Feld, Einmach-Workshops, Café-Eröffnungen o.ä. gepflegt: Beide Seiten tauschen Wissen aus und teilen gemeinsame Erlebnisse. Das erhöht zum einen die Lebensqualität. Zum anderen bringt dies neue wirtschaftliche Impulse in die Region. So können innovative ökonomische Strukturen entstehen, die neben dem Bezug der ökologischen Lebensmittel auch Potential für weitere gemeinsame Projekte bieten.
Keine Konkurrenz für den Bio-Markt
Als Konkurrenz für Bio-Märkte verstehen sich die Solawis dabei nicht: So bieten die Bio-Märkte nach wie vor Waren, die nicht jede Solawi liefern kann – seien es exotische Produkte wie zum Beispiel getrocknete Datteln oder bereits weiterverarbeitete Erzeugnisse wie etwa Cashewmus. Außerdem steht hinter den Solawis ein aktives Konzept, das über den reinen Einkauf hinausgeht. Daher verstehen sich die Genossenschaft nicht als Konkurrenten der Bio-Läden, sondern eher als Mitstreiter auf dem Weg zu einem kollektiven Bewusstseinswandel.
Ein Trend für die Zukunft? Solawi und die Lust am ökologischen Landbau
In den Städten wird die Lust am Grün neu entdeckt: In Schrebergärten wird gepflanzt und gepflegt; außerdem entwickeln sich immer mehr gemeinschaftliche Urban-Gardening-Projekte. Auch für die, die nicht selbst anbauen (können), sind „billig und bequem“ nicht mehr die Hauptkriterien beim Einkauf. Zusätzlich entwickeln viele Verbraucher ein solidarisches Bewusstsein für den Menschen hinter dem Produkt.
In den Solawis verbindet sich dies zu nachhaltigen Konzepten mit gegenseitigem Verantwortungsbewusstsein. Um die Existenz der Erzeuger genauso zu sichern wie die gesunde Ernährung der Verbraucher gibt es aber noch viel tun: 2015 lag der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen in Deutschland erst bei 6,3%. Doch möglicherweise können die Bauern durch die Solawis bald wieder zu ihrem ursprünglichen Berufsbild zurückkehren: nämlich zu dem des selbstständigen Versorgers.
Wie wird man Teil einer Solawi?
Jeder kann Teil einer Solawi werden. Dafür kann er sich entweder als Mitglied eines bereits bestehenden Solawi-Projekts anmelden oder sogar selbst eine Solawi gründen.
Weiterführende Infos:
https://www.solidarische-landwirtschaft.org/
https://www.fb03.uni-frankfurt.de/51753095/Abschlussbericht_SoLawi_final_mit-CC-Lizenz.pdf