Bio-Weinbau: Mit gutem Gewissen genießen
Nach Angaben des Deutschen Weininstituts erlebt der biologische Weinbau bereits seit etwa 30 Jahren einen stetigen Aufwärtstrend. Schätzungen zufolge werden mittlerweile etwa acht Prozent der Weinanbauflächen Deutschlands gemäß der Richtlinien für den Bio-Wein-Anbau bewirtschaftet – Tendenz steigend. Immer mehr Verbraucher wissen also die Vorzüge, die der Bio-Weinbau beim Pflanzenschutz und beim Schutz von Nützlingen mit sich bringt, zu schätzen. Der Verzicht auf synthetisch hergestellte Insektizide, Herbizide und Fungizide steigert die Attraktivität des Endprodukts für den Verbraucher.
Für Weinbauern mit einem Gespür für künftige Entwicklungen ist es also an der Zeit, sich über die Richtlinien des organisch-biologischen Weinbaus und die Besonderheiten in Sachen Bodenpflege, Düngung und Schädlingsbekämpfung zu informieren.
Ziele des ökologischen Weinbaus
Der Erhalt der Artenvielfalt stellt einen zentralen Aspekt des Bio-Weinbaus dar. Indem die Belastung der Umwelt so weit wie möglich reduziert wird, soll ein vielfältiges Ökosystem auf dem Weinberg-Areal gefördert und erhalten werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird unter anderem
- bei Pflanzenschutzmitteln im Bio-Weinbau auf Umweltverträglichkeit und biologische Abbaubarkeit geachtet,
- im Bereich der Düngung auf Begrünung und Flächenkompostierung gesetzt und
- auf Mineraldünger verzichtet
Als finales Ziel wird die Produktion von Weinen angestrebt, welche einerseits mit einem der offiziellen Siegel für Bio-Produkte ausgezeichnet werden und andererseits auch qualitativ und geschmacklich überzeugen.
Pflanzen stärken und gesund erhalten
In der Öko-Verordnung des EU-Rates wird genau definiert, welche Stoffe zur Schädlingsbekämpfung beim Bio-Weinbau zum Einsatz kommen dürfen. Grundsätzlich gilt, dass Stoffe, die genetisch veränderte Organismen (GVO) enthalten, unter keinen Umständen im ökologischen Weinbau als Spritzmittel oder anderweitig verwendet werden dürfen. Selbst auf Schädlingsbekämpfungsmittel ohne synthetische Stoffe wird soweit wie möglich verzichtet. So hat sich beispielsweise der gezielte Einsatz von Pheromonen im Rahmen der Verwirrmethode als umweltschonende Methode zur Bekämpfung von Traubenwicklern bewährt. In Einzelfällen werden Schwefel und Kupfer gegen echten und falschen Mehltau eingesetzt. Die Verwendung von Kupfer im Bio-Weinbau wird kontrovers diskutiert und findet lediglich in Ermangelung wirksamer Alternativen statt.
Grundsätzlich setzen Öko-Winzer jedoch auf die verbesserte Widerstandskraft der Pflanzen, die aus dem dank Begrünung und Artenvielfalt besonders fruchtbaren Boden resultiert. Zusätzlich kommen so genannte Pflanzenstärkungsmittel zum Einsatz, die auf natürliche Weise zur langfristigen Gesunderhaltung der Weinstöcke beitragen sollen.
Natürliche Bodenpflege und Düngung
Mineraldünger sind im ökologischen Weinbau streng verboten, sofern sie nicht infolge einer Bodenuntersuchung eigens zugelassen wurden. Stattdessen bemüht man sich um einen geschlossenen Produktionskreislauf, in welchem zuvor entstandener Kompost und Humus als Bio Dünger im Weinbau eingesetzt werden. Zudem wirkt sich beim ökologischen Weinbau die Begrünung zwischen den Rebzeilen sowie die insgesamt geringe Schadstoffzufuhr positiv auf den Nährstoffgehalt des Bodens aus. Die Begrünung erfolgt ganzjährig und wird nur dann für maximal zwei Monate unterbrochen, wenn Pflegemaßnahmen des Bodens, Neueinsaaten oder äußere Umstände dies erfordern. Herbizide zur Unkrautregulierung sind im Öko-Weinbau nicht zulässig; die Entfernung von Unkräutern wird stattdessen manuell mit Hilfe von Stockräumgeräten vorgenommen.
Ökologischer Weinbau in Deutschland und Europa
Erste nationale Richtlinien für den Anbau von Bio-Wein wurden in Deutschland bereits Mitte der 80er Jahre veröffentlicht. 1991 folgten EU-weit geltende Bio-Weinbau-Richtlinien, die auf den Forderungen und Vorstellungen der Bioanbauverbände basieren und seit ihrer Veröffentlichung mehrfach überarbeitet wurden. Bei nachweislicher Erfüllung der dort festgehaltenen Kriterien kann das deutsche Bio Siegel ausgestellt werden. Betriebe können sich darüber hinaus wahlweise nach der EU-Norm für ökologischen Weinbau mit dem EU-Bio-Siegel zertifizieren lassen oder sich in einem der weltweit existierenden Bioanbauverbände organisieren.
Aktuell verleihen der größte Verband Ecovin sowie Naturland und Bioland auf Basis strenger Richtlinien Siegel, die sich anschließend auf den Etiketten der Bio-Weine wiederfinden. Hinzu kommt der Demeter Verband, der nach Kriterien des biologisch-dynamischen Weinbaus zertifiziert. Diese spezielle Strömung im Bio-Weinbau orientiert sich an der anthroposophischen Lehre Rudolf Steiners und versucht beispielsweise, Mondphasen und Planetenpositionen bei Aussaat, Pflege und Ernte zu berücksichtigen.
Umweltbewusster Anbau als Herausforderung und Chance
Längst haben viele konventionelle Weinbaubetriebe Elemente des nachhaltigen, ökologisch orientierten Anbaus übernommen. Dies gilt für alternative Methoden der Schädlingsbekämpfung ebenso wie für die Absenkung des Schwefeldioxidgehalts im Wein. Entscheidet man sich für den Umstieg auf biologischen Weinbau, so geschieht dies meist innerhalb von drei Jahren nach Unterzeichnen des Kontrollvertrags bei einer der Öko-Kontrollstellen. Regelmäßige Kontrollen sollen die Einhaltung der EU-Richtlinien sowie die gleichbleibende Bio-Qualität des angebauten Weines gewährleisten. Eine Bio-Zertifizierung im Weinbau stellt eine große Herausforderung für Weingut, Winzer und Mitarbeiter dar. Zugleich bietet der Umstieg auf Bio-Weinbau jedoch auch die Chance, eine kontinuierlich wachsende Gruppe umweltbewusster Konsumenten zu erreichen.